Opfer

Diskussionen rund um heidnische Kultpraxis und Heidentum im Alltag
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hruotland
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Opfer

Beitrag von hruotland »

Ich werde beim Lesen einiger Kommentare das Gefühl nicht los, das einige den Begriff Opfer nicht richtig deuten können.
Vielleicht können wir das ja hier ein bisschen ändern ?

Das der Jäger ein Stück Fleisch für die Götter abgibt, ist glaub ich genauso selbstverständlich, wie die letzten Früchte am Baum oder auf dem Feld zu lassen, aber...
Unser Ahnen haben z.B: im Herbst eine Ziege geOpftert, was für sie eventuell den Hungertod vor dem Nächsten Frühjahr bedeutet hätte...
Wie ist das Heute... geht ihr in die Zoohandlung um ein Kaninchen zum schlachten zu holen? Was Opfert ihr dann ? 10€ ? 15€ ?
Ist es nicht ein "grösseres" Opfer etwas mit eigenen Händen zu schaffen (z.B. ein Brot) und das zu Opfern ? oder ein Stück von seinem Liebligsessens?
Oder vielleicht der Verzicht auch etwas, das ich gerne mag? z.B: eine Tafelschokolade für die Götter und die nächsten 4 Wochen keine für mich ?....

Bitte nicht Falsch verstehen, ich möchte hier keinem Vorschreiben was er wann und wie zu Opfern hat. Das ist definitiv die Sache von jedem einzelnen.
Aber wie @Heimdall an andere Stelle mal schrieb wir sind im 2100 Jahrhundert, da sollten unsere Opfer angemessen sein... oder was denkt Ihr?
Was ist HEUTE ein angemessenes Opfer?
gruss
Hruotland / Roland
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Aethelstan1984
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Re: Opfer

Beitrag von Aethelstan1984 »

Ich sehe das prinzipiell so wie du. Wir können uns heute nicht an den konkreten Opfergaben vor 1000 oder 2000 Jahren orientieren. Ein Opfer ist m.E. vor allem aber eine symbolische Handlung durch die Wertschätzung für die Göttinnen und Götter ausgedrückt wird. Deshalb tue ich mich schwer damit mich an der Wertigkeit eines Opfers zu orientieren. Als symbolische religiöse Handlung opfere ich Iduna zum Beispiel gerne Äpfel und Nüsse, da diese die Attribute dieser Göttin darstellen und ich so meine Verbindung zu dieser Göttin ausdrücke.
Heil Baldur, Heil Siegvaters Sohn,
der die Schöpfung wird leiten, wenn Wotan fällt
Heil dem Lichtbringer,
der noch rasten muss hinter Hels Pforten.
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Tuivel_78
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Re: Opfer

Beitrag von Tuivel_78 »

Für mich bedeutet Opfer im germanischen Kontext im Grunde "Geschenk an die Götter" im Sinne von Gabe und Gegengabe. Auf etwas verzichten würde ich nicht ausser es ist die letzte Option. Wenn ich mir ein Geschenk/Opfer vom Mund absparen muss weil es nicht anders geht dann gut, aber absichtlich auf etwas verzichten wäre nicht meins. Verzicht auf Nahrung und andere Selbskasteiungen würde ich eher in den Bereich "Werkzeug der Tranceinduktion um an Wissen der anderen Welt zu gelangen" einordnen. Siehe Odins "Selbstopfer".

In vielen Fällen wurde was ich weis übrigens nicht ein ganzes Tier geopfert. (obwohl es das auch gab) Die Norm dürfte eher das opfern von Blut und möglicherweise Haut und Knochen gewesen sein, während der Rest verzehrt wurde. In einigen Quellen wird in erster Linie das ausgießen von und besprenkeln mit Blut in den Vordergrund gestellt. Ist natürlich schwer zu bekommen und eine Riesensauerei, deshalb sind die wenigen Blutopfer die ich je durchgeführt habe immer nur ein paar Tropfen meines eigenen Blutes gewesen. Aber wer am Land wohnt und vom Schlachter seines Vertrauens zusammen mit dem Biofleisch auch eine Tüte frisches Blut beziehen kann, dem sei sein rot gefärbter Hörgr vor dem Hof vergönnt.

Ich opfere für gewöhnlich Getränke und Räucherwerke, weil Nahrungsmittel und Blut wie gesagt eher unpraktisch zum Opfern sind in der Stadt. Gelegentlich besorge ich auch etwas dass dann eine Götterstatue schmückt. Für Freyja sind hier über die Jahre z.B. ein Eberzahn, ein Bernsteinherz, ein massiver Goldring usw. zusammen gekommen. Ach ja, und Blumen opfere ich manchmal für die Göttinnen. Die schmücken den Altar bis sie trocken sind, dann hängen sie noch eine Weile an der Wand, bis ich sie irgendwann im Garten vergrabe.

Ich zelebriere meine Rituale für gewöhnlich alleine, weshalb ich jetzt leider kein großes Trinkgelage abhalten kann :D ...aber an Festtagen kommt es vor dass ich ein Glas Met zu mir nehme und bei jedem Schluck auf Glück und Gesundheit einer anderen Gottheit trinke, begleitet von einer kurzen Aufzählung wichtiger Taten oder Attribute in Anlehnung an das Sumbel / den Minnebecher aus den Sagas.

Ein eigenes Brot zu backen und zu opfern ist eine gute Idee. Das werde ich wohl auch mal probieren und dabei eine kleines Stück in jeder Ecke des Gartens vergraben, was kein Ungeziefer anlocken und für die Erde 1x im Jahr gut abbaubar sein sollte denke ich. Laut Bede haben auch die Angelsachsen im Solmonath Kuchen gebacken und geopfert (was wie eine kleine Recherche gezeigt hat in Wirklichkeit eher kleine am Feuer gebackene Fladenbrote waren - bei Übersetzungen muss man immer aufpassen :) )

Was Heute eher kein Zeitgemäßes Opfer mehr ist meiner Ansicht nach: das feindliche Heer (oder jede andere Art des Menschenopfers), Tiere im Ganzen (oder das Schlachten ohne fachliche Qualifikation). Eigentlich eh eine recht kurze Liste im Vergleich zu dem was geht.

LG
Tuivel
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faolin
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Re: Opfer

Beitrag von faolin »

Zuerst - wie definiere ich Opfer.
- es ist immer eine freiwillige und gerne gegebene Gabe
- es wird gegeben um den Empfänger zu erfreuen (nicht um ihn zu beeindrucken)
- der monetäre Wert spielt keine Rolle sondern ausschließlich der ideologische
- es kommt von mir, von meinem Herzen, mit Freude und nicht vom Supermarkt
- es kann sowohl materiell als auch immateriell sein

Ich möchte hier einige Beispiele aus meinem (Land-)Leben geben :
- Der Bau eines Hörgr oder Stallr, einer bestimmten Gottheit gewidmet, kostet Zeit und Kraft. Ist es aber dann geschafft wird er mit Freude übergeben.
- Nach erfolgreicher Jagd opfere ich (freudig !) einen Teil des Aufbruchs
- Nach erfolgloser Jagd lass ich den Hund auch mal (wütend !) gegen den Hörgr pinkeln
- Wenn mein Brot aus dem Backofen kommt - ein Stück wird immer mit den Göttern geteilt
- An Feiertagen wird den Ahnen geopfert, wobei das meist symbolisch/immateriell ist (oft in längerem Gedenken und Gesprächen)

Alles was ich opfere gebe ich gerne und freiwillig. Der Wert des Opfers wird nur durch den Geber und den Empfänger bestimmt.

Aber Opfer können auch traurig und schmerzvoll sein:
Ich mußte gestern einen jungen Falken zu seinen Ahnen ziehen lassen, seine Verletzungen waren zu groß - sein Körper wurde auf dem kleinen Revier-Hörgr abgelegt und den Wald- und Feldgeistern geopfert.
Heil ihm, der es lernt ! Heil ihm, der es lehrt ! Wohl ihm, der es kann ! Heil allen, die es hören
[+]
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Re: Opfer

Beitrag von [+] »

Ich glaube nicht, dass die Götter in den letzten 1.200 Jahren Vegetarier geworden sind.
Beim Opfern geht es meines Erachtens darum, dass man etwas freizugeben bereit ist, was man schätzt. Freitod ist (relativ gesehen) noch nicht allzu lange verboten, insofern sind freiwillige Menschenopfer vielleicht nur vorübergehend eine blöde Idee. :twisted:

Man sollte sich ja immer fragen: Was halten die Götter davon?
Dinge mit symbolischem Wert ("juhu! Nüsse!") könnten den Schöpfern der Welt vielleicht weniger bedeuten.
Nur ein Narr betet erst den Leichnam an.
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Heimdall
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Re: Opfer

Beitrag von Heimdall »

Ich schließe mich @faolin an. Opfer sollten als Geschenk von Herzen kommen und mir selbst etwas bedeuten und wertvoll sein. Es muss ja nicht immer etwas essbares sein. Einen Ring, einen Anhänger, den man immer getragen hat und der sehr wichtig und wertvoll für einen selbst ist, einen Runenstab, den man selbst hergestellt hat, in den man Wünsche und Dank geritzt und gefärbt hat, für die Göttinnen und Götter zu opfern/vergraben, wissen sie bestimmt zu schätzen. Dabei kommt es nicht auf den materiellen Wert an, sondern auf den persönlichen.

Wir können den Schöpfern der Welt mit unseren Gaben nie gerecht werden, das wissen die GöttInnen und verlangen daher nichts Übermenschliches.

:mrgreen:
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volker
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Re: Opfer

Beitrag von volker »

Ich opfere Getränke (Met, Saft, Bier, Milch) und Brot, Butter, Käse, Gebäck, Früchte oder auch mal eine Münze.
Ich habe auch schon selbst gezogenen Tabak geopfert (obwohl ich selbst gar nicht rauche).
In der Regel opfere ich einige der von mir oben genannten Sachen, nie alle gleichzeitig.
Ich kenne keine Regeln darüber, wer, wann, was, wo opfern darf oder sollte.
Ich glaube auch solche Regeln gab es eher nie und niemand bräuchte sie.
Alles was mit Blut zu tun hätte (auch wenn es nur mein eigenes wäre) wäre nichts für mich.
Ich habe auch noch nie auf einem unserer Blots derartiges erlebt und würde dabei auch nicht mitmachen wollen.
Ich würde aber auch nichts Verwerfliches darin sehen wenn jemand sein eigenes Blut opfern würde. Ich würde mich jedoch solange zur Kaffeepause ans Buffet begeben.
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Markus Nicklas
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Re: Opfer

Beitrag von Markus Nicklas »

volker hat geschrieben: 14.09.2021, 16:32 Alles was mit Blut zu tun hätte (auch wenn es nur mein eigenes wäre) wäre nichts für mich.
Ich habe auch noch nie auf einem unserer Blots derartiges erlebt und würde dabei auch nicht mitmachen wollen.
Ich würde aber auch nichts Verwerfliches darin sehen wenn jemand sein eigenes Blut opfern würde. Ich würde mich jedoch solange zur Kaffeepause ans Buffet begeben.
Volker! :D "der Ball liegt alleine vorm Tor ..." :D

im Tohuwabohu meiner nöchtlichen Ruhestatt liegt ein Buch über body modifications - nehme ich mal an, dass sich jemand tatsächlich für eine Weile irgendwo hingehängt hat, um, ja warum überhaupt? Was ist Schmerz? Was passiert im Körper, wenn dieses Phänomen auftaucht? Welches sind seine subtilsten Ausprägungen? Ists am Ende eine Weihegabe, dieses Dasein an sich überhaupt auszuhalten und je besser ich das vermag, umso geruhsamer bin ich fähig, den Schmerz auszuhalten? Dann brauche ich keine Dinge mehr zu irgendeinem Wesen hinzugeben, doch so lange ich dessen, dem allinnewohnenden Schmerz nicht gewahr bin, klopp ich ne Tomate aufm Tisch platt, fummeln sich andere Haken ins Brustgewebe usw. usf.

Isabelle Azoulay ist ihr Name, die ein Essay verfasste, in dem sie den Schmerz beschreibt, und seine Äußerung, mal aua sagen, hat ja schon, wenn mensch diese Kategorie hinzu nimmt, unter Männern etwas, obacht, "weibisches". Was tue ich mit einer solchen Ansicht?
Klopp ich sie in e Tonne? Oder gebe ich sie weihevoll auf, weil mir Einsicht beschieden ist, das Denken in diesen Kategorien gar niemandem nicht hilft? :)

Den Schmerz eines anderen Menschen zu gewahren, bedeutet für mich Zeugenschaft oder erste Hilfe. Das kann übel sein, wenn Mensch den Fehler zum dreihundertvierundsechzigsten Mal begeht, ja. Ja, und manchmal gehe ich zum Buffet so wie Du und kehre zurück. :)
Wiland1975
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Re: Opfer

Beitrag von Wiland1975 »

Bei Opfern unterscheide ich in drei Kategorien.
- für die Götter
- für die Ahnen
- für den Fährmann

Götteropfer:
Oft gieße ich nur einen grossen Schluck meines Lieblingsbiers ins Feuer oder ins Moor. Meist ist es die letzte Flasche dieser Sorte, die ich mir extra für diesen Tag aufgespart habe. (Köstritzer Kirsch bekommt man nicht immer)

Es gibt aber auch Jahre, wo wirklich große Sachen ins Moor fliegen.
Als meine Frau eine üble OP überlebt hat, warf ich mein erstes Schwert. Die Waffe, mit der mein Hobby damals begonnen hat.
Einige Jahre später flog dann auch mal ein handgemachter Grubenbrand ins Moor. Ein alemannisches Einzelstück, an dass ich nie wieder rankommen werde. Letzten Sommer habe ich eine Herz-OP überlebt. Da war dann ein handgemachter Damastsax dran. Das einzige, was ich an dem Teil nicht selber gemacht habe, war der Rohling der Klinge. Irgendeinen gekauften Sax ins Moor zum pfeffern, wäre kein wirkliches Opfer.

Ahnenopfer:
Nahen Angehörigen gebe ich auch auf christlichen Friedhöfen heimlich Grabbeigaben mit. Meine Mutter und meine Großmutter haben neben der obligatorischen Münze für den Fährmann jeweils eine von mir selbst hergestellte Bügelfibel mit dem Grab. Von diesen Fibeln habe ich jeweils nur drei Stück gegossen. Zwei für das Gewand meiner Frau. Eine als Grabbeigabe. Meinem Großvater habe ich auf einer meiner ersten wintersonnenwenden sein jagdmesser hinterher geschickt. Zuerst ins Feuer, die Reste dann verbogen und ins Moor geworfen.

Opfer für den Fährmann:
Allen Menschen, die ich bis jetzt beerdigen musste und die mir etwas bedeutet haben, gebe ich eine Münze für den Fährmann mit. Da es bei diesem Opfer meiner Meinung nach nicht darauf ankommt dass es mir etwas bedeutet, gebe ich römische Münzen, die ich z.b bei ebay ersteigere.

Das hineinschmuggeln von grabbeigaben habe ich mittlerweile richtig gut drauf. Ist noch nie aufgefallen! Wenn man an der Reihe ist, seine Schaufel Erde ins Grab zu werfen, nimmt man nicht die Schaufel, sondern die Hand. Die zieht man kurz davor aus der hosentasche in der man die grabbeigabe bereit hat.
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Ina_72
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Re: Opfer

Beitrag von Ina_72 »

Ich habe auf meinem Weg von 2016 bis 2019 eine schamanische Ausbildung durchlaufen. Ich bin in der Andentradition unterwiesen. Das ist sozusagen ein Schamanismus der leeren Hand und sehr "handwerklich", kann also mit jedem Weltbild umgeben werden.

Dort heißt das Opfer Despacho (Gabe). Der Gedanke dahinter ist Ayni (Austausch). Leben funktioniert nur durch Austausch denn alles Seiende strebt nach Harmonie. Daher ist es normal, Despacho zu üben. Dies kann man tun, indem man etwa ein wenig von seiner Lebensenergie gibt. Ich visualisiere dazu die Rune Gebo (X) vor mich und schicke dann neun Atemzüge mit meiner Kraft durch ihren Mittelpunkt zu den Gottheiten. Das ist für mich der spontanste und einfachste Weg und geht mit jedem Spirit.

Als tägliches kleines Ritual habe ich für mich folgendes entdeckt: ich habe mal die Namen aller Gottheiten die ich finden konnte, zusammen getragen. Dann in Gruppen geteilt, so wie sie verwandt oder verbunden sind, und jeden Morgen biete ich einer anderen Gruppe eine Gabe an. Drei Heilsrufe für jedes Wesen und ein wenig meiner Gabe, eine Mischung aus Kräutern, Dinkel, Weizen und Zucker. Wenn gewünscht, gebe ich gern das Rezept bekannt. :)
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