Recht auf Religionsangehörigkeit fremder ,,Völker''

Diskussionen rund um heidnische Kultpraxis und Heidentum im Alltag
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volker
Herdwart
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Re: Recht auf Religionsangehörigkeit fremder ,,Völker''

Beitrag von volker »

Da bin ich etwas anders gepolt, die Anrufung pantheonfremder Götter bei einem Asatru-Ritual finde ich nicht unbedingt nötig, ich persönlich bin der Meinung es wäre zwar kein Beinbruch, aber wer irgendwie alles macht, macht letztlich gar nichts. Da hielte ich es für zweckdienlicher erst z.Bsp. ein Asatru-Blot zu machen und dann danach, oder davor, ein eigenes davon völlig getrenntes Ritual fürs slawische, römische oder sonstige Pantheon zu machen. Allerdings sollte bei allen verschiedenen Ritualen die jeweils andere Gruppe eingeladen sein teilzunehmen. Ist natürlich nur meine eigene ganz persönliche Vorliebe und wir haben das in unserer Blotgruppe auch schon mal wie von dir beschrieben gemacht.
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AshIsDead
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Re: Recht auf Religionsangehörigkeit fremder ,,Völker''

Beitrag von AshIsDead »

Wer sich die kurze Geschichte der Menschheit anschaut könnte auf die Idee kommen, das es nichts so beständig gegeben hat und immer noch gibt wie die Verlegung des Wohnortes des Menschen (um den Begriff der Wanderung zu umgehen). Wer also ist nicht selbst "fremd" in dieser Gegend oder stammt von Menschen ab, die einmal "fremd" in dieser oder jenen Gegend waren? Auch wenn es manchmal anders scheint, so gehe ich dennoch mal davon aus, dass zumindest niemand auf der Erde von einem "fremden" Planeten her betreten hat.
In den langen Zeiträumen, die ein Glaube umfasst und beinhaltet, ist es quasi nicht ganz maßstäblich von überhaupt "Fremden" zu sprechen.
Aus einer Grenzregion stammend, die in den letzten 500 Jahren sicherlich dreißig mal die Herrschaft und "Nationalität" gewechselt hat, brauche ich nicht mal bis zur Völkerwanderung oder den letzten Eiszeiten zurück zu gehen um mir den Quatsch der Nationalismen sanft den Buckel hinab gleiten zu lassen...
How will you justify /
watching the world die /
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Armin
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Re: Recht auf Religionsangehörigkeit fremder ,,Völker''

Beitrag von Armin »

Gerade was die Präsenz von mehreren vorchristlichen Kulturen an einem Flecken Erde betrifft (hier in der Region Bamberg/Forchheim haben sogar derer drei gesiedelt - Kelten, Germanen und Slawen) finde ich die Fragestellung auch sehr interessant! Vor allem slawisch-pagane "Praxis" habe ich bisher nicht kennenlernen können, was ich sehr schade finde. Ich weiß lediglich, daß aus der slawischen vorchristlichen Geschichte noch weniger überliefert ist als bei "uns", was das Thema aus meiner Sicht noch einmal besonders reizvoll machen würde. Kennt jemand jemanden, der sich diesbezüglich etwas besser auskennt? Also vor allem mit gegenwärtigen Ansätzen?
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Blumenfee
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Re: Recht auf Religionsangehörigkeit fremder ,,Völker''

Beitrag von Blumenfee »

Gerade habe ich bei der Suche nach den "drei Heiligtümern des Stuffo", die in der englischen Ausgabe von 'Gods' genannt werden, aber ohne Ortsangabe,
folgendes entdeckt:

https://www.alleburgen.de/bd.php?id=2492

Vielleicht ja eine Anregung für dich, ist ja in deiner Ecke. Stuffo wird da als slawischer Gott bezeichnet.

Gruß
Blumenfee
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Blumenfee
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Re: Recht auf Religionsangehörigkeit fremder ,,Völker''

Beitrag von Blumenfee »

Armin hat geschrieben: 29.03.2020, 20:42 Gerade was die Präsenz von mehreren vorchristlichen Kulturen an einem Flecken Erde betrifft (hier in der Region Bamberg/Forchheim haben sogar derer drei gesiedelt - Kelten, Germanen und Slawen) finde ich die Fragestellung auch sehr interessant! Vor allem slawisch-pagane "Praxis" habe ich bisher nicht kennenlernen können, was ich sehr schade finde. Ich weiß lediglich, daß aus der slawischen vorchristlichen Geschichte noch weniger überliefert ist als bei "uns", was das Thema aus meiner Sicht noch einmal besonders reizvoll machen würde. Kennt jemand jemanden, der sich diesbezüglich etwas besser auskennt? Also vor allem mit gegenwärtigen Ansätzen?
Zu Ostern gab es auf MDR einen Bericht über sorbische Osterbräuche. Dabei wurde (beiläufig) erzählt, der Brauch der "katholischen Osterreiter" gehe auf den heidnisch-slawischen Brauch zurück, im Frühjahr die Felder zu umschreiten (umfahren, umreiten?).

IMHO war das aber ein Brauch in allen antiken bäuerlichen Kulturen der Antike, Cato beschreibt ihn ja auch als römisch-latinisches Marsritual (Suoventaurilia).

Gruß
Blumenfee
Tjoralf Andreason
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Re: Recht auf Religionsangehörigkeit fremder ,,Völker''

Beitrag von Tjoralf Andreason »

Sicher gibt es diesen Brauch in dieser und/oder ähnlicher Form in mehreren Kulturen, wie du es ja schon beschrieben hast.

Nach meiner Lesart sagt die Erklärung aus, dass das deswegen noch von den aktuellen, katholischen Sorben der Oberlausitz dieser Brauch gepflegt wird, welcher auf einem Ritus der heidnisch-slawischen Bevölkerung/Kultur in dieser Region zurückgeht. Also eher lokal denn universal gelesen.
Liebe Grüße aus der märkischen Heide :mrgreen:
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Verdandi42
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Re: Recht auf Religionsangehörigkeit fremder ,,Völker''

Beitrag von Verdandi42 »

Jedes Pantheon hat seine eigenen Besonderheiten, seine eigenen Nuancen, bei allen Ähnlichkeiten, die sich zwischen den slawischen, germanischen, keltischen, römischen usw. Götterwelten finden mögen.
Jeder Heide bzw. Polytheist verehrt die Gottheiten, denen er sich nahe fühlt, das ist ja das Schöne am Polytheismus. Eine Gemeinschaft definiert sich jedoch durch ihre Gemeinsamkeiten, sonst wäre sie keine Gemeinschaft. Der Eldaring hat sich den germanischen Gottheiten (nordischer wie kontinentaler Provenienz) verschrieben, daher stehen diese in unserer Kultpraxis im Vordergrund. Das schließt nicht aus, dass punktuell auch eine Gottheit einer anderen Religion angerufen werden kann. Die Höflichkeit gebietet aber, dies im Vorwege mit der Person, die das Ritual durchführt, abzuklären.

Gruß
Petra
Ninotschka
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Re: Recht auf Religionsangehörigkeit fremder ,,Völker''

Beitrag von Ninotschka »

Auf mich wirken derlei Aussagen klar rassistisch. Jemanden aufgrund ihrer/seiner Herkunft auszuschließen, empfinde ich sogar als faschistisch.

Ebenso wie Migration ist auch das Interesse an und Vermischen von Kulturen und Religionen etwas zutiefst Menschliches. (Da waren z.B. auch die so genannten Wikinger, meines Wissens nach, recht offen und flexibel.) Kultur und damit auch Religion hat nichts mit biologischer Festlegung (Rassifizierung) und nur bedingt mit der Herkunft(skultur) zu tun. Vor allem nicht in einer so global vernetzten Welt und so einer individualisierten Gesellschaftwie der unseren. Jede und jeder soll selbst entscheiden dürfen, welche Kulturen, Religionen oder Kulte ihm oder ihr wichtig sind!
Mustela
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Re: Recht auf Religionsangehörigkeit fremder ,,Völker''

Beitrag von Mustela »

Ich würde die Frage eher umdrehen:
Habe ich als Mensch das Recht, jeden beliebigen Gott anzubeten, wenn er oder sie mich anspricht? Und: wie verschieden sind die Götter überhaupt?
Ich zum Beispiel habe mich Mutter Erde gewidmet. Ob ich sie als Jörd, Frigg, Holda oder Berchte anbete, oder als Mokosch, Taillte oder Maria spielt nur eine untergeordnete Rolle. Wenn ich Mutter Erde als Holda oder Berchte verehre, und sie mich so anspricht, ist es für mich sinnvoll, eine Religionsgemeinschaft zu suchen, die das ebenfalls tut, also Asatru. Wenn mit Mutter Erde als ein Aspekt der Gottesmutter Maria erscheint, wäre das eher kontraproduktiv.
Für mich ist die Entscheidung für oder gegen eine Religion, egal ob Islam, Hinduismus, Asatru oder etwas anderes eine Entscheidung zwischen Mensch und Gottheit. Wenn sich jemand dafür entscheidet, einer Religionsgemeinschaft angehören zu wollen und die Götter oder den Gott anzubeten, wer anders als dieser Gott oder diese Götter hätte das Recht dazu, diese Anbetung abzulehnen?
Daraus ziehe ich den Schluss, dass auch "Fremde" einer Religionsgemeinschaft beitreten können sollten, dass eine Religionsgemeinschaft aber bei ihren Ritualen, Gebräuchen und Göttern bleiben sollte, um die Gemeinschaft der Gläubigen zu erhalten.
Das schließt nicht unbedingt aus, dass jemand unterschiedliche Götter aus unterschiedlichen Pantheons anbetet. Es ist z.B. in Japan durchaus normal, Sonntags in die Kirche zu gehen und anschließend am Shinto-Schrein den Ahnen zu opfern. Aber das eine passiert eben in der christlichen Kirche, das andere am Shinto-Schrein, in der jeweiligen Glaubensgemeinschaft.
Svafarr781
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Re: Recht auf Religionsangehörigkeit fremder ,,Völker''

Beitrag von Svafarr781 »

Verdandi42 hat geschrieben: 19.04.2020, 16:12 Jedes Pantheon hat seine eigenen Besonderheiten, seine eigenen Nuancen, bei allen Ähnlichkeiten, die sich zwischen den slawischen, germanischen, keltischen, römischen usw. Götterwelten finden mögen.
Jeder Heide bzw. Polytheist verehrt die Gottheiten, denen er sich nahe fühlt, das ist ja das Schöne am Polytheismus. Eine Gemeinschaft definiert sich jedoch durch ihre Gemeinsamkeiten, sonst wäre sie keine Gemeinschaft. Der Eldaring hat sich den germanischen Gottheiten (nordischer wie kontinentaler Provenienz) verschrieben, daher stehen diese in unserer Kultpraxis im Vordergrund. Das schließt nicht aus, dass punktuell auch eine Gottheit einer anderen Religion angerufen werden kann. Die Höflichkeit gebietet aber, dies im Vorwege mit der Person, die das Ritual durchführt, abzuklären.

Gruß
Petra
Dies sehe ich ähnlich wie du! Eine Gemeinschaft definiert sich ja, wie du oben dargelegt hast über ihre inhärenten Gemeinsamkeiten bzw. eine Kult- und Ritualpraxis in Bezug auf ein einheitliches Pantheon (In unserem Fall: Götter aus dem Germanischen Pantheon werden bevorzugt!) Aber auch, wie in anderen Glaubensvorstellungen, würde ich das so sehen: Keine Regel ohne Ausnahmen. Und wenn alle Teilnehmer des Rituals sich einverstanden erklären auch mal eine Patheonfremde Gottheit anzurufen ist das doch in Ordnung. Jedoch, dies ist mein persönlicher Standpunkt, sollte auch für das Asatru wie es im Eldaring praktiziert wird, gelten: Alles mit Maß und Vernuft.
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