Beten zu den Göttern

Diskussionen rund um heidnische Kultpraxis und Heidentum im Alltag
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Kraken
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Beten zu den Göttern

Beitrag von Kraken »

Ich habe fast die Vermutung dass es dieses Thema schon gibt, habe es aber ehrlich gesagt nicht gefunden..... oder ich habe es übersehen :roll:

Persönlich finde ich kaum etwas wie man zu den Göttern beten kann.
Könnt ihr mir vielleicht weiterhelfen wie ich es am besten anstelle?

Lg
Hail Thor dem Beschützer der Menschheit
Auch wenn Hel eher unbeliebt ist so zolle ich ihr Respekt da sie Gerechtigkeit vertritt
Cugernia
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Re: Beten zu den Göttern

Beitrag von Cugernia »

Hi Kraken,
da gibt es sehr unterschiedliche Ansätze.
Ceisiwr Serith erwähnt in seinem Buch 'A Pagan Book of Prayer' 6 verschiedene Arten zu beten: durch Worte, Gesten, Körperhaltung, Bewegung, Tanz und Musik.
Wichtig ist, dass es für dich passt. Es gibt zum Beispiel die Prostratio-Haltung, wenn man sich lang mit dem Gesicht nach unten auf dem Boden ausstreckt. Das wäre überhaupt nicht mein Ding, aber ich kenne (heidnische) Leute, die das tun. In der katholischen Kirche ist es bei Priester- oder Diakonweihen zum Beispiel üblich. Knien, Hände falten, Arme in V-Haltung ausstrecken,...
Bist du jemand, der gerne Musik macht oder tanzt, kann auch das ein Weg für dich sein, mit den Göttern zu reden.
Ist dein Ansprechpartner etwas kriegerischer veranlagt und du einer Kampfsportart mächtig, könnte auch das ein Weg der Kommunikation sein.

Ich gehe aber mal davon aus, dass du hier speziell nach einem Weg suchst, mit Göttern mit Worten zu kommunizieren. :)
Hier gibt es auch wieder 2 Ansätze. Entweder du formulierst etwas aus dem Stegreif, wenn es die Situation erfordert oder es sich so ergibt. Vor ein paar Tagen hatte ich einen Beinaheunfall. Danach habe ich garantiert nicht an einem großartigen Gebet herumgefeilt. Ein "Danke, dass du mit aufgepasst hast, Nehalennia!" hat mir in dem Moment gereicht.
Wenn es etwas ausgefeilter sein soll, bzw. du Zeit und Möglichkeit hast, dann überlege dir, zu wem du beten willst und warum. Mach dir ein paar Notizen. Du kannst ein Gebet zum Beispiel nach folgendem Schema aufbauen:
1. Name des Gottes/der Göttin
2. vielleicht ein Beiname, wenn es einen gibt
3. Was findest du so toll an der Gottheit, wofür ist sie bekannt
4. Unter welchem Aspekt rufst du sie heute an? Was ist der Anlass für dein Gebet?
5. Was gibst du der Gottheit im Gegenzug?
6. Zusammenfassung/abschließende Formel

Mal als Beispiel:
Hallo Sif,
Gattin von Thor,
dein goldenes Haar leuchtet wie das Getreide kurz vor der Ernte.
Und ernten möchte heute auch ich:
Ich habe mich selbstständig gemacht. In den letzten Monaten habe ich viel Zeit und Arbeit darin investiert, und morgen werde ich den Laden eröffnen.
Natürlich liegt noch viel Arbeit vor mir, aber diese Phase der Vorbereitung ist nun abgeschlossen.
Sei an meiner Seite, Sif,
unterstütze mich und hilf mir, meine Ernte einzufahren,
in Form von genügend Kunden, positivem Feedback und genug Einnahmen, um meinen Lebensunterhalt zu verdienen.
Ich bringe dir diese Blumen, und hoffe, dass sie dir gefallen.
Sif, nimm meine Gabe an.

oder:

Hallo Frey,
Wanenherr,
ich habe schon so viel von dir gehört:
Wie du auf Gullinborsti reitest,
wie du dein Schwert für die Liebe aufgegeben hast,
und besonders hat mir gefallen, dass du dein Schiff einfach in die Tasche stecken kannst.
Ich würde dich gerne näher kennenlernen.
Darum rufe ich zu dir, Frey,
um dir meinen Respekt zu erweisen.
Ich trinke diesen Met auf dein Wohl
und hoffe, dass wir miteinander in Kontakt kommen.
Amen.

Wenn du es richtig cool willst, kannst du natürlich auch anfangen zu reimen. Bei mir klingt das dann eher nach Heinz Erhart ( Reim dich oder ich fress dich), also lasse ich das lieber. Aber vielleicht hast du da ein besseres Händchen für als ich.

Auf Asatruring Frankfurt findest du einige Gebete speziell für das nordische Pantheon, Ceisiwr hat in seinen 2 Büchern auf Englisch (beide jeweils ca. 270 Seiten) einen ganzen Haufen Gebete zu allen Pantheonen des indoeuropäischen Spektrums geschrieben, und auf Facebook gibt es das Prayer a Day Projekt, wo auf Englisch und anderen Sprachen ebenfalls jedes Jahr im November neue heidnische Gebete geschrieben werden, die man als Anregung für eigene Texte nutzen kann (https://www.facebook.com/search/top?q=p ... %20project)
Der Eldaring hat ein Ritualhandbuch, das aber gerade offenbar nicht verfügbar ist. Da würdest du sonst auch fündig.

Ich wünsche dir viel Erfolg.
Liebe Grüße

Cugernia
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Erlkonig
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Re: Beten zu den Göttern

Beitrag von Erlkonig »

Vielen Dank für diese beispiele! Jetzt arbeite ich für um eine Gebete zu schreiben ;)
[+]
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Re: Beten zu den Göttern

Beitrag von [+] »

Ich habe erst neulich über dieses und artverwandte Themen nachgedacht, weil ich nicht mal einen Hausaltar besitze. (Das Konzept "Altar" ist in einer Religion, in der jedes Tier, jeder Baum, jeder Mensch - mitunter sogar man selbst - die Manifestation eines Gottes sein kann, sowieso etwas unpraktisch: Wenn die Götter überall und nirgends zugleich sind, warum sollten sie dann einen fest zugewiesenen Platz in meinem Haushalt erwarten?) Momentan bin ich hierzu an folgendem Punkt angelangt:

Die, die wir anbeten, sind keine Menschen wie wir - sie beobachten uns, ohne dass wir es immer bemerken, und sie wissen oft, was wir tun. "Worte, Körperhaltung, Bewegung, Tanz und Musik" sind sicherlich hilfreich beim gemeinsamen Blót, weil Gedankenleser sich selten in der Runde befinden, aber bei der Kommunikation mit den Hohen und Ahnen sind Worte nicht immer von Nutzen. (Denkt mal daran, dass - trotz des vergleichsweise kleinen Kreises der Ásatrú - die Götter, manche mehr als andere, letztlich rund um die Uhr einem mehrstimmigen Wortschwall ausgesetzt sind und, wie zumindest der Christ Snorri behauptete, ab und zu auch mal schlafen müssen.)

Ich habe kein Gebetsritual, weil ich die Götter nur selten um etwas bitte. Beachtet, dass ich "Gesten" aus dem Zitat oben ausgeklammert habe: Es soll schon passiert sein, dass ich Met oder Bier geopfert habe, und auch einem vermeintlich Bedürftigen etwas Geld zu geben erscheint mir grundsätzlich als gute Idee. Das Konzept des aktiven Gebets, wie man es aus den Weltreligionen kennt, habe ich so aber selbst nicht in meine Glaubenspraxis übernommen. Die Götter brauchen nicht fortwährend meine Bestätigung, wie großartig sie sind, denn das wissen sie bereits - sie meinen es oft gut mit mir und sind genau dann nicht an meiner Seite, wenn ich es aufgrund meines Verhaltens nicht verdient habe. Es ist nicht ihre Aufgabe, mich aus Problemen zu befreien, in die ich mich wissentlich selbst hineinmanövriert habe.
Nur ein Narr betet erst den Leichnam an.
Haganrix
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Re: Beten zu den Göttern

Beitrag von Haganrix »

"O`ukentopo`" - an keinen Ort gebunden, so formuliert es Salustios in seiner Schrift "Peri Theon kai Kosmou" - Von den Göttern und der Welt.
Svafarr781
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Re: Beten zu den Göttern

Beitrag von Svafarr781 »

Ich selber besitze so auch keine Gebetspraxis im eigentlichen Sinne (zb. wie es im Christentum der Fall ist).

Spontan sende ich schon einmal abends ein kurzes Gebet, entweder leise gesprochen oder geistig, an die Götter oder an Thor (dessen Präsenz ich sei einigen Monaten stark in meinem Leben wahrnehme). Ansonsten beschränke ich mich meist darauf, bei Spaziergängen durch die grünen Hallen von Mutter Natur selbiger achtsam zu begegnen und mich den Lebewesen und Phänomenen innerhalb des Waldes respektvoll zu verhalten, nichts zu nehmen was mir nicht gegeben wurde, keine Äste abzureissen oder ähnliches. Sollte das Wetter sich etwas bessern habe ich auch vor, demnächst hin und wieder ein paar kleinere Rituale abzuhalten, Gaben zu hinterlassen für die Tiere. Ansonsten bin ich zuversichtlich das mir hier auf unserem Grundstück kein allzugroßes Übel widerfahren wird da unser Haus im Schatten einer gegenüberliegenden 80jährigen Eiche gebaut wurde (evt. mit ein Grund warum wir letztes Jahr von der Flutkatastrophe in weiten Teilen verschont geblieben sind, wer weiss es schon?)
bjoern
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Re: Beten zu den Göttern

Beitrag von bjoern »

ich praktiziere Gebete, Anrufungen, wie auch immer entweder zeremoniell (im Rahmen eines Rituals, Zeremonie, Blots, wie auch immer) - da überlege ich mir vorher wen ich wie anspreche und um was ich bitte und werde auch gerne ausschweifend.
Im Alltag bin ich etwas pragmatischer - da greife ich mir gerne einfach nach meinem Hammer, der um den Hals hängt, blicke in den Himmel, schließe die Augen, denke an den anzurufenden Gott, spreche ein paar Worte und visualisiere meinen Wunsch (als wäre er eingetreten)
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