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Initiationsriten

Verfasst: 07.12.2017, 09:15
von Nebelkrähe
Da meine Kinder ja langsam älter werden bin ich am Grübeln, wie oder was oder auch ob ich einen Initiationsritus für meinen Sohnemann (für die Tochter sollts eigentlich die Mama machen find ich, aber schwierig da Christin) abhalten kann. So quasi als "Mannwerdung". Das gab und gibt es ja bei vielen Stammeskulturen, so auch in Vorchristlicher Zeit in unseren Gefilden.

Nur wie könnte sowas aussehen, wann wäre der Zeitpunkt günstig (welches alter?) Ich mein, allein in Wald auf die Jagd schicken ist etwas schwierig bei uns in Deutschland :D , auf Raubzug schicken oder ähnliches, dazu bin ich zuviel Pazifist und könnte das auch moralisch/ethisch nicht gutheißen...

Ich finde irgendwie das das Leider verloren/unter gegangen ist und die "Jugendflausen" (da schließe ich mich net aus) bei vielen ewig dauern, bzw ich mir Selber nie klar wurde, ab wann war ich ein "Mann" oder noch ein Jugendlicher/Kind....

mich würden eure Gedanken hierzu mal interessieren....

Verfasst: 07.12.2017, 12:12
von Ylva
In diesem Thread:

Mannwerdung

wurde das Thema so gut behandelt, dass mir etwas Neues dazu nicht einfällt.

Unsere Söhne sind nun alle erwachsene Männer, und wie sie den Übergang vom Kind zum Mann erlebt haben, war so unterschiedlich, dass ich heute sage, dass es, wie immer in der Erziehung, ganz besonders auf das Einfühlungsvermögen der Eltern ankommt, die Kinder ihren eigenen Weg gehen zu lassen und sie dabei zu unterstützen, auch wenn sie Wege gehen, die man selber nie einschlagen würde. Das Allerwichtigste ist, dass man den Kindern zeigt, dass man ihnen vertraut und da ist, wenn sie einen brauchen.

Mir tun die Menschen leid, die ihr Leben lang damit kämpfen die Wünsche ihrer Eltern nie erfüllen zu können.

Mein Mann ist Geisteswissenschaftler, der mit Religion nichts am Hut hat, ich bin Hausfrau und fühle mich im germanischen Heidentum zu Haus, angeregt durch einen meiner Söhne. Wir haben einen Sohn, der sich in einem Studentenkorps sehr wohl fühlt, der andere in der künstlerisch-alternativen Studentenszene, der dritte fühlt sich in seinem Beruf als Maschinenbauingenieur am richtigen Platz. Alle drei verstehen sich sehr gut, auch wenn sie sich "draußen im Leben" wohl nie begegnen würden. Wir sind, trotz unserer unterschiedlichen Wege, eine sehr harmonische Familie.

Verfasst: 07.12.2017, 12:16
von Werdandi
Diese Frage hat sich uns auch gestellt. Wie gestalten wir die Übergänge in die verschiedenen Lebensabschnitte unserer Kinder und,vor Allem, wie vermitteln wir den Kindern ihre Bedeutung?
Gemeinsam mit dem Nachwuchs haben wir unser eigenes Ritual erarbeitet. Als sie 13 Jahre alt waren gab es ein kleines Ritual, das den Anfang einer ganzen Zeitperiode markierte. Wir nannten das Heldenjahr.
Es ging darum,den Kindern bewusst zu machen, daß erwachsen werden ein Prozess ist. Er hat mit lernen und Verantwortung zu tun und damit,für sich und sein Tun einzustehen.
Es gab neun Aufgaben,die sie zu erfüllen hatten. Angepasst auf ihre Persönlichkeit. Das waren zum Teil ganz alltägliche Sachen wie eine gute Zeugnisnote in Mathe z.B.
Sie hatten wärend dieser Zeit einen Paten,der Ansprechpartner,Ratgeber und Helfer war. Den haben sie sich selbst ausgesucht.
DasZiel war nach einem Jahr dann die „Jugendweihe“ ,mir fällt da gerade kein besseres Wort ein.
Die letzte Aufgabe war dann der Beginn der Initiation sozusagen. Mit der Erfüllung haben sie sich als reif genug erwiesen, in den Kreis der Männer und Frauen aufgenommen zu werden.
Unser Sohn verbrachte die Nacht vor dem Fest im Zelt außerhalb des Grundstücks, unsere Tochter hat eine prachtvolle Torte gebacken( die ist totaler back und koch Fan) .
Am Morgen des Festes wurde eine Reinigung durchgeführt ( duschen mit Ansage sozusagen) es gab neue Klamotten und die Gäste legten den Focus der Aufmerksamkeit auf die Neuerwachsenen.
Freunde und Familie waren da. Dann wurde ein Feuer entzündet und es gab eine Zeremonie. Wir als Eltern ließen symbolisch das Kind gehen um den jungen Erwachsenen dann zu begrüßen.
Beide Feste waren sehr emotional und mein Bengel hatte Tränen in den Augen.
Zum Zeichen des neuen Lebensabschnittes wurde das Verbrennen einen Gegenstandes aus der Kindheit. Den haben sie sich ausgesucht und selbst ins Feuer geworfen.
Alle Gäste gaben dann nacheinander ihre guten Wünsche mit auf den Weg.
Natürlich änderte sich auch etwas im Leben der Kids. Es gab mehr Mitsprache bei Familienentscheidungen und auch bei Dingen, die sie Selbst betrafen.
War ja auch für uns als Eltern ein Prozess. Wir mussten ja auch lernen, loszulassen und zu vertrauen.
Haben wir ganz gut hinbekommen.
Was uns ganz wichtig war ist, es sollte KEIN Geldeinsammelfest werden. So wie es bei Konfirmationen und Jugendweihen sonst leider üblich geworden ist. Unsere Kinder waren auf ihren Feiern die Gastgeber auch mit all den Pflichten. Sozusagen erstel Bewährung im neuen Lebensabschnitt.
Schlussendlich kann ich sagen, daß wir Alles richtig gemacht haben. Beide werden diese Zeit und ihr Ritual nie vergessen.

was will der Junge?

Verfasst: 07.12.2017, 12:56
von Markus Nicklas
[quote='Nebelkrähe','index.php?page=Thread&postID=146161#post146161']Da meine Kinder ja langsam älter werden bin ich am Grübeln, wie oder was oder auch ob ich einen Initiationsritus für meinen Sohnemann (für die Tochter sollts eigentlich die Mama machen find ich, aber schwierig da Christin) abhalten kann. So quasi als "Mannwerdung". Das gab und gibt es ja bei vielen Stammeskulturen, so auch in Vorchristlicher Zeit in unseren Gefilden.

Nur wie könnte sowas aussehen, wann wäre der Zeitpunkt günstig (welches alter?) Ich mein, allein in Wald auf die Jagd schicken ist etwas schwierig bei uns in Deutschland :D , auf Raubzug schicken oder ähnliches, dazu bin ich zuviel Pazifist und könnte das auch moralisch/ethisch nicht gutheißen...

Ich finde irgendwie das das Leider verloren/unter gegangen ist und die "Jugendflausen" (da schließe ich mich net aus) bei vielen ewig dauern, bzw ich mir Selber nie klar wurde, ab wann war ich ein "Mann" oder noch ein Jugendlicher/Kind....

mich würden eure Gedanken hierzu mal interessieren....[/quote]

http://felicitas-goodman-institut.de/literatur/

ich lese gerade ein Buch der Goodman, komme wohl nicht umhin, mich dem inahltlich zu widmen, und eine Aussage geht mir nicht aus dem Kopf, nämlich dass als "geistig eingeschränkt betrachtet wird, der nicht mit ekstatischen Erfahrungen umzugehen gelernt hat"

Verfasst: 07.12.2017, 13:10
von Ylva
Da nun schon zwei weitere User hier geantwortet haben, möchte ich darauf hinweisen, dass ich meinen Text oben gerade noch etwas abgeändert habe.

Verfasst: 08.12.2017, 07:14
von Nebelkrähe
Ylva, danke für den Link. Sind ein paar Anreize drin die mir gefallen könnten. Bei Werdandis beschreibung grad bekam ich tränen in die Augen :) , will sagen gefällt mir :thumbsup:

Verfasst: 10.12.2017, 23:37
von Ylva
Die Idee und wie sie in Werdandis Familie umgesetzt wurde gefällt mir auch. Wenn ich an mich selber im Alter von 13 Jahren denke, weiß ich sicher, dass ich mich mit Händen und Füßen gegen 9 Aufgaben gewehrt hätte. Da ich nie ehrgeizig war, hätte ich nicht eingesehen freiwillig solche Pflichten auf mich zu nehmen. Ich hätte mich tief in mein Schneckenhaus zurückgezogen und hätte alle Ansprechversuche durch meine Familie boykottiert. Wäre meine Zwillingsschwester auf die Idee eingegangen, hätte ich mir das angesehen, mich aber nicht zum mitmachen überreden lassen.

großartig, wenn die Erwachsenen

Verfasst: 11.12.2017, 08:00
von Markus Nicklas
auch zeigen können, dass "in die Welt kommen" für einen jungen Menschen tückisch sein kann. Ich selbst "brauchte" drei charismatische Christinnen, die meinen Dämon per Handauflegen ausgetrieben haben.

Rückblickend meine ich, dass es gut sein kann, wenn ein Vater seinem Sohn sagt, dass lieben zu zweit, hinter geschlossenen Türen Verehrung, Zartgefühl und Zuvorkommenheit (sagt man das so?) bedeuten kann. Etwas Sinnvolles zu tun mit Spaß, Freude, Verantwortung und Risiko zu tun haben darf. Und es gibt Seiten in mir, die ich um meinetwillen und für die auszuhalten habe, die mir am Herzen liegen, ohne mir und anderen zu schaden.

Drogen und Magie sind da leider die Brechstange gewesen.

Und es gibt Geschichten vom Scheitern, die es wert sind erzählt zu werden.

:)

Verfasst: 11.12.2017, 09:08
von Boduos
Zum Scheitern.

Das Erlangen schliesst das Scheitern mit ein. Man kann nichts gewinnen, wenn man nicht auch verlieren kann. Lernen zu Scheitern ist eine Lektion sie in unserer Gesellschaft unpopulär geworden ist, aber ohne das Scheitern ist der Gewinn wertlos.

#klugschissdestages

Verfasst: 11.12.2017, 12:00
von Ylva
Das Scheitern verständnisvoll zu begleiten ist für Eltern eine Herausforderung.

Wer selber vom Ehrgeiz angetrieben sein Leben gestaltet, kann sich in ein Kind, dem der Ehrgeiz kein Anreiz ist, nur schwer hineindenken.

Noch einige Anmerkung zu meinem Beitrag oben:

Ja, ich weiß noch, wie ich mich mit 13 Jahren gefühlt habe. Meine Tagebücher habe ich immer noch, damit ich das nie vergesse, wenn ich selber einmal Kinder habe.

Was ist eine Aufgabe, deren Bewältigung einem Kind die Selbstbestätigung und Zuversicht gibt sein Leben selber in die Hand nehmen zu können?

Unser Jüngster hat zwölfjährig mit viel Freude und Geduld, und mit kluger Unterstützung durch den Ausbilder unseres Dackelclubs, unseren Hund und den Rest der Familie - was den Hund betraf - zu einem guten Hausgenossen und Jagdhund erzogen. Ich glaube, das hat seine Persönlichkeit sehr geprägt. Dass er die Erziehung des Hundes übernommen hat, hatte sich aus Zufall ergeben und war keine vereinbarte Bedingung für die Anschaffung des Hundes.

Verfasst: 12.12.2017, 09:55
von Werdandi
Wir haben unsen Kindern die Aufgaben nicht „aufs Auge“ gedrückt. Vielmehr ,und das war wohl die geheime Hauptaufgabe, sollten sie sich sellbst Gedanken machen,sich selbst Ziele setzen.
Ich kann mich gut daran erinnern, daß ich als Kind meine Ziele sehr hoch steckte. Da war Frust oft vorprogrammiert . Die Kinder sollten doch auch lernen,daß ein Weg oftmals mit kleinen Schritten besser gegangen werden kan,weil man Stolpersteine eher erkennt als wenn man rennt wie wild.
Ihre Aufgaben haben sie also selbst ausgesucht,wir haben nur auf die „Erfüllbarkeit“ geachtet.
Das war aus unserer Sicht eine Vorbereitung auf das Kommende. Im Leben werden uns oft Aufgaben auferlegt, an die wir uns dann wagen müssen. Da hilft es, sich Zwischenziele zu setzen. Und eben nicht zu verzweifeln oder wütend zu werden wenn was mal nicht so klappt.
Außerdem taugt sowas auch dazu, seine eigenen Möglichkeiten zu erkennen.
Natürlich ist das nicht einfach so und schon garnicht in einem Jahr erlernbar. Aber es schafft eine Erinnerung die irgendwann im Leben unserer Kinder hilfreich sein kann.

Verfasst: 13.12.2017, 12:04
von Ylva
Guten Morgen Werdandi,

was du schreibst klingt nach einem sehr vertrauensvollen Verhältnis zwischen euch und euren Kindern. Wie schön, dass sie euch als Eltern haben!

Entschuldige, dass ich so abwehrend reagiert habe. Da stecken meine persönliche Erfahrungen in meiner Kindheit dahinter, mit denen ich mich gerade mit meinen 61 Jahren auseinandersetze.
Ich denke, dass wir es mit unseren Kindern besser gemacht haben.

Liebe Grüße,
Ylva

Verfasst: 13.12.2017, 22:16
von Werdandi
Alles gut, Ylva. Ich kann mich auch noch gut an das Gefühl erinnern, nie „gut genug“ zu sein . Oder das Alles, was ich so wollte oder dachte falsch ist. .
Naja. Ich hoffe,das meien Kinder später mal nicht dieses Gefühl haben.
Ich wollte nie was „besser“ machen,sondern einfach nur ,das meine Kinder zu ehrlichen, aufrechten Menschen werden.

Verfasst: 13.12.2017, 23:47
von Boduos
Das ist ja generell ein Thema über das zu sprechen interessant sein könnte. Wie und nach welchen Grundsätzen wir unsere Kinder begleiten.

ja, an dem Punkt ist Spannung drin

Verfasst: 14.12.2017, 09:15
von Markus Nicklas
[quote='Boduos','index.php?page=Thread&postID=146186#post146186']Wie und nach welchen Grundsätzen wir unsere Kinder begleiten.[/quote]


das finde ich auch, und deswegen schätze ich Karl Seigfrieds Aufschlag zu einer heidnischen Theologie, denn das meint für mich persönlich, dass Meinen, Denken und Erfahrung ins Verhältnis gesetzte sind.

Wenn ich als Erwachsener mir darüber Gedanken mache, dann bin ich im Stande, meine Erfahrung an jüngere Menschen zu vermitteln, ohne das ungefragt oder von oben herab zu tun. Ich finde es sehr gut, wenn mit speziellen Gottheiten besondere Attribute verbunden sind, die jedoch in ständiger Befragung dazu sind, was für mich eine gewisse Flexibilität erfordert.

Heute morgen kam Levi, 2 Jahre, der Sohn meiner Nachbarin Anka, die eine Tür weiter wohnt zu mir. Es klappt schon ganz gut, dass wir einander an die Tür klopfen und die Form des Eintritts oder nicht wahren. Levi will meistens auf meinem Bett hüfen, weil das eine dicke Matraze und doppelten Lattenrost hat. Ankas Bett ist nicht so stabil. Das hat er schon kaputt gehüpft. Zu meiner dicken, weichen Matraze habe ich auch zwei Dosen, die ihn sehr heraus fordern. In der Einen ist meine Beißspange. Die hat Deckel und Boden, die man beide zum Öffnen von einanader weg drücken muss. Das lernt er gerade motorisch, und die andere Dose enthält den Satz Runen in meiner Obhut, eine Perlenschnur, Edelsteine und eine kleine Holzschlange als Reminiszenz an meine Naga-Obsession. Diese Dose aus einem Stück Holunderstamm ist mit Zapfen gefügt, so dass ich schon Kraft brauch, um sie zu öffnen. Da braucht Levi meine Hilfe und das fordert ihn jeden Tag aufs Neue heraus. Herein. Kiste vors Bett, damit er hoch kommt. Von da aus zum Schreibtisch und ran an die Dosen. So geht das schon 2, 3 Wochen. Levi, mein Lehrer für Geduld, Aufmerksamkeit und schrittweises Lernen.

:)

Welche Rhythmen bestimmen mein Ritual, und welchen Inhalt verbinde ich mit dem Begriff? Welche Qualitäten wohnen der Kultur inne?