Hybris

religionswissenschaftliche und historische Themen ausserhalb des germanisch/skandinavischen Kontexts
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Verdandi42
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Re: Hybris

Beitrag von Verdandi42 »

Aethelstan, wenn der Papst "heidnische Rituale" im Sinne einer schrecklichen Schandbarkeit als rhetorische Figur verwendet, dann ist das eine Beleidigung. Für mich. Punkt.

Menschenopfer waren in Europa nicht an der Tagesordnung, aber existent, auch in Rom. Die Todesurteile im Kontext Inquisition und infolge Hexenverfolgung und die, die einen Exorzismus nicht überlebt haben, würde ich btw dazu zählen.

Unsere Bilder von Tempelprostitution in der Antike beruhen mglw. auf ethnozentrischen Missverständnissen. Dazu gab es auf dem IASC einen aufschlussreichen Vortrag von Günner Stienecke, der wohl irgendwann als Artikel in der Herdfeuer kommen wird.
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Aethelstan1984
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Re: Hybris

Beitrag von Aethelstan1984 »

Und die nichtchristliche römische Antike würde der Papst ebenfalls unter "heidnisch" fassen. Hexenverfolgung war ein Verbrechen, aber da ging es nicht um die kultische Opferung von Kindern, die in der Aussage des Papstes Thema ist.

Das Thema Tempelprostitution im Alten Orient ist eigentlich gut erforscht und auch kein Missverständnis. Dass dahinter andere ethische Vorstellungen stehen als heute, ist natürlich klar.
Heil Baldur, Heil Siegvaters Sohn,
der die Schöpfung wird leiten, wenn Wotan fällt
Heil dem Lichtbringer,
der noch rasten muss hinter Hels Pforten.
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Markus Nicklas
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Re: Hybris

Beitrag von Markus Nicklas »

Aethelstan1984 hat geschrieben: 27.02.2019, 20:32
Das ist eine Frage, die ich legitim finde und über die man konstruktiv diskutieren kann. Allerdings kann eine Änderung der Strukturen im Sinne von Transparenz nur von innen erfolgen. Und da sehe ich die katholische Kirche jetzt auf einem guten Weg.
Wenn der Papst nun sagt, dass die Kirche nicht in"heidnische Rituale" verfallen darf, dann fühle ich mich dadurch nicht getroffen, denn ich weiß was er damit meint und nach innen hin ist das als scharfe Kritik zu verstehen.
Hallo und danke! Im Grunde sind diese Worte von Herrn Bergoglio belanglos, denn er meint "heidnisch" von sich aus. So wie ich das für mich verstehe, gibt es gar kein Heidentum, da es abhängig von der Benennung und dem Verständnis von dem ist, der den Begriff äußert. Wer den "Heiden" als Begriff haben will ... bitte.

Möge Herr Bergoglio sich selbst Einsicht gestatten, und möge er die Courage besitzen, die Fehler der Institution, der er vorsteht, einzugestehen. Möge er alle Hilfe dafür schnell, leicht und gründlich finden. Das ist nicht meine Angelegenheit.

Allerdings die meiner Ahnen, die katholischen Glaubens gewesen sind, und da ich an einem Ort, auf einer Stelle wohne, die unzweifelhaft mit der heiligen Ida von Herzfeld verbunden ist ...

:)
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volker
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Kinderopfer ?

Beitrag von volker »

Das erste "Buch" indem ich etwas von Kinderopfern gelesen habe war die BIBEL und zwar im alten Testament als "Gott" befahl den eigenen Sohn seines Gläubigen auf dem Altar zu opfern. Und der soll dazu bereit gewesen sein auch wenn dass dann letztlich durch "Gottes" Wort noch im letzten Moment verhindert worden sein soll. Übrigens nicht etwa weil Menschenopfer an dieser Bibelstelle in Frage gestellt worden wären sondern weil der Gläubige von "Gott" geprüft worden war und durch seine Bereitschaft zum Kinderopfer die Prüfung erfolgreich beendet worden war.
Also war in diesem biblischen Glaubenskonzept zu der damaligen Zeit ein Menschenopfer, ja sogar ein Kinderopfer keinesfalls undenkbar und die grundsätzliche Bereitschaft dazu offenbar vorhanden. Wohlgemerkt nicht etwa bei Heiden sondern bei den Monotheisten des alten Testaments der Bibel.
Ein ziemlicher päpstlicher Argumentationsbummerang, noch dazu leicht als Ablenkungsrethorik erkennbar.
Natürlich ist mir klar, dass der Papst nicht in seinem Vergleich heutige Heiden oder gar den Eldaring e.V. meint, vermutlich kennt der Beides nicht mal.
Aber das Vergleichen des Komplettversagens der maßgeblichen Institutionen der Katholischen Kirche in den aktuellen und vergangenen Missbrauchsskandalen durch deren bestellte institutionelle Amtsträger, mit weit zurückliegenden Abscheulichkeiten anderer Religionen ist unpassend, weil relativierend.
Die Opfer kirchlicher sexueller Misssbrauchsfälle leben noch und leiden noch immer unter den Verbrechen.
Hier hätte angesetzt werden müssen, zumal viele der Täter aus dem Amtsbereich der katholischen Kirche auch noch leben und nicht immer mit aller Härte des Gesetzes und schon gar nicht immer mit aller Härte des internen kirchlichen Disziplinardienstrechtes zur Rechenschaft gezogen werden.
Und wer in der Katholischen Amtskirche kümmert sich eigentlich um diejenigen Funktionsträger die den Missbrauch deckten und zu verschleiern halfen und damit überhaupt noch derartiges gefördert und möglich gemacht haben ?
Ich glaube fast alle katholischen Gläubigen zumindest in Europa erwarten da mehr von ihrer Kirche und vor allem von ihrem Papst und den übrigen Würdenträgern, die Austrittszahlen aus der Kirche sprechen für sich, erstmals seit über 1000 Jahren wird Deutschland in 2-3 Jahren, wenn der gegenwärtige Trend ungebremst anhält, nicht mehr mehrheitlich von Menschen bewohnt die Mitglied einer Kirche sind.
Die Art der Katholischen Amtsträger im Umgang mit der Missbrauchsdebatte und der Umgang mit den Opfern und den Tätern tun ihren Teil dazu bei und bringen unnötigen Unfrieden in die Geselschaft, es wäre so einfach gewesen an diesem Scheideweg die richtige Richtung konsequent zu wählen.
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Markus Nicklas
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Re: Hybris

Beitrag von Markus Nicklas »

Markus Nicklas hat geschrieben: 28.02.2019, 10:31
Allerdings die meiner Ahnen, die katholischen Glaubens gewesen sind, und da ich an einem Ort, auf einer Stelle wohne, die unzweifelhaft mit der heiligen Ida von Herzfeld verbunden ist ...

:)
Korrektur: Die "heilige" Ida von Herzfeld, und ich weiß noch nicht, was ich damit anzufangen kann, eben hier in Escherode in unmittelbarer Nähe des Habichtsborns zu wohnen.

:)
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Verdandi42
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Re: Hybris

Beitrag von Verdandi42 »

"... wie auch der Christus uns geliebt und sich selbst für uns hingegeben hat als Opfergaben und Schlachtopfer..." Epheser 5,2

Der Tod am Kreuz wird selbst als Opfer gedeutet.
Haganrix
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Re: Hybris

Beitrag von Haganrix »

Verdandi42 hat geschrieben: 24.02.2019, 14:13 Den Medien war heute zu entnehmen, dass Jorge Mario Bergoglio, bekannt als Papst Franziskus, in Anbetracht der Missbrauchsskandale in der katholischen Kirche, deren Oberhaupt er ist, eine ganz eigene Sicht auf die Dinge entwickelt hat.
Nämlich erinnere den Papst Kindesmissbrauch an die einst verbreitete "grausame" religiöse Sitte, Menschen, insbesondere Kinder, "in heidnischen Ritualen" zu opfern, so der Papst Franziskus auf der Missbrauchskonferenz im Vatikan.



Gruß
Petra
Es scheint diese grausigen Rituale tatsächlich gegeben zu haben, allerdings wohl eher bei den Kelten. Soweit christliche Berichte Kindesopfer bei den Indianern Lateinamerikas übermitteln, hörte ich allerdings, daß einige Ethnologen diese Behauptungen nachhaltig bestreiten.

All das liegt jedoch um Jahrhunderte zurück! Und Du kritisierst schließlich die "Abwehr" Jorge Mario Bergolios wegen der Klagen über die sexuellen Mißbräuche an Kindern im 20. Jahrhundert. Da bin ich allerdings voll bei dir, der Hinweis des "Heiligen Vaters" auf die in der Tat teilweise sehr bedenklichen Rituale der alten Zeit (nicht nur bei Kindern, man denke auch an den Blutadler) als Entgegnung auf die Verbrechen unserer Zeit ist erbärmlich!

Rituale?

Der frühere und dann raus geschmissene Mißbrauchsbeauftragte Professor Pfeiffer wußte zu berichten, daß in einigen Fällen auch religiöse Rituale vollzogen wurden, damit die "Heiligen Brüder" unter Hinweis auf die göttliche Liebe Sex an den betreffenden Kindern vornehmen oder an sich selbst vornehmen lassen "durften." Im Regelfall aber lief das alles sehr "profan" ab, die Herren waren halt geil.
Haganrix
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Re: Kinderopfer ?

Beitrag von Haganrix »

volker hat geschrieben: 28.02.2019, 10:38 Das erste "Buch" indem ich etwas von Kinderopfern gelesen habe war die BIBEL und zwar im alten Testament als "Gott" befahl den eigenen Sohn seines Gläubigen auf dem Altar zu opfern. Und der soll dazu bereit gewesen sein auch wenn dass dann letztlich durch "Gottes" Wort noch im letzten Moment verhindert worden sein soll. Übrigens nicht etwa weil Menschenopfer an dieser Bibelstelle in Frage gestellt worden wären sondern weil der Gläubige von "Gott" geprüft worden war und durch seine Bereitschaft zum Kinderopfer die Prüfung erfolgreich beendet worden war.
Also war in diesem biblischen Glaubenskonzept zu der damaligen Zeit ein Menschenopfer, ja sogar ein Kinderopfer keinesfalls undenkbar und die grundsätzliche Bereitschaft dazu offenbar vorhanden. Wohlgemerkt nicht etwa bei Heiden sondern bei den Monotheisten des alten Testaments der Bibel.

Zu Abrahams Zeiten, also vor wohl 4000 Jahren, fehlte den Leuten jegliches Unrechtsbewußtsein, wenn sie Kinder opferten. Talmud, Bibel und Koran mit ihren Bildersprachen erwecken den Anschein, als ob die Opferung von Kindern durch ein einziges Ereignis beendet worden wäre. In Wirklichkeit war das ein Prozeß, welcher sich über Jahrhunderte hin zog.

Aber Heiden zu beschimpfen, wenn man selbst etliche Kinderleichen im Keller hat, das ist in der Tat schon erbärmlich!
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