Markus Nicklas hat geschrieben: ↑05.03.2020, 14:34
Ich nehme an, dass eine lange Gewohnheit der Begriffsverwendung durchaus ihre Ursachen hat, doch weswegen sowohl der Gewohnheit als auch deren Ursachen nicht skeptisch gegenüber stehen?
"Germanisch" ist ein Kürzel für eine bestimmte Völkergruppe. Durch was willst du den Begriff ersetzen? Etwa so:
Alte Form: Der latinisierte Göttername "Mannus" leitet sich vom germanischen
*manna-, *mannaz: 'Mann, Mensch, Menschheit' ab und erscheint auch in Völkernamen wie "Markomannen" und "Alamannen".
Neu: Der latinisierte Göttername "Mannuz" leitet sich von einer Sprache ab, die schwerpunktmäßig von rechtsrheinischen Völkern, nach der Zeitenwende aber auch in Gebieten links des Rheins gesprochen worden sein soll; die abgeleiteten Ausdrücke in dieser Sprache
*manna-, *mannaz beziehen sich auf 'Mann, Mensch, Menschheit' ab und erscheint auch in Völkernamen wie "Markomannen" und "Alamannen".
Du bekommst aufgeblasene Formulierungen (wie z. T. bei der Genderisierung), die nichts Anderes aussagen- und das in der Enzyklopädie, an der ich gerade arbeite, 270 mal. Wenn man in einer Einleitung erklärt, was unter dem Begriff "Germanen" in der jeweiligen Abhandlung verstanden wird, macht die Zusammenfassung den Text lesbarer.
Übrigens ist die Behauptung über die Archäologen zumindest zu verkürzt. Archäologen haben schon immer unterschieden in Hinterlassenschaften der verschiedenen Völker. Gleichzeitig benutzen auch sie die Zusammenfassung "Germanen" als offiziellen Begriff, wenn die Funde diverser Völker zusammengefasst werden z.B. beim "Germanischen Gräberfeld von Schlotheim".
Dass Rechtsextreme die Germanen lieben, liegt nicht am Begriff, sondern daran, dass die Wissenschaftler des 19. Jahrhunderts durchaus im heutigen Sinn "völkisch" gesinnt waren und das in ihren Darstellungen auch ausgedrückt haben, allen voran Grimm.
Zum Abschluss des Grimm-Abschnitts muss aber noch darauf hingewiesen werden, dass Jacob Grimm die nordische Mythologie benutzte, um eine bis dahin noch nicht bestehende deutsche Mythologie zu erschaffen, denn das war sein Anliegen. Grimm hat das nicht verheimlicht; der Übersetzer der englischen Ausgabe, James Steven Stallybrass, erwähnt es 1882 in seinem Vorwort, übersetzt: “Ich muss zugeben, dass der Autor eine deutsche Mythologie aufbauen wollte ...“. Da diese Vermischung keine wissenschaftliche Untermauerung hat, jedenfalls nicht nach heutigen Maßstäben, werden diese Aspekte heute weitgehend abgelehnt, eingeschlossen die Identifikation nordischer mit festländischen Gottheiten
Aus "Göttin Holle", neue Ausgabe
Aus Copyright-Gründen zitieren Internet-Artikel, auch Wikipedia, gern diese alten Quellen, ohne sich Gedanken darüber zu machen. Hier werden Vorstellungen transportiert, die überholt sein sollten, aber gerade Rechtsextreme ansprechen.
Gruß
Blumenfee