Verhalten in Kirchen/Gottesdiensten

Diskussionen rund um heidnische Kultpraxis und Heidentum im Alltag
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Mondschatten
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Verhalten in Kirchen/Gottesdiensten

Beitrag von Mondschatten »

Da die meisten von uns ja nicht mit einem rein heidnischen Umfeld (Familie, Freunde) gesegnet sind, lassen sich Berührungspunkte mit dem Christentum ja oft nicht vermeiden. Wie verhaltet ihr euch, wenn ihr z.B. zu Trauungen oder Beerdigungen zu Gottesdiensten eingeladen werdet oder im Rahmen des Ehrenamtes Kirchgänge anstehen. Geht ihr nicht hin? Geht ihr nur zum Friedhof oder zur Feier? Sucht ihr euch ein anderes Ehrenamt?
Ich bin in meiner Tätigkeit in diversen Musikvereinen und der Schützenbruderschaft eigentlich regelmäßig in Gottesdiensten. Ich gehe hin, knie aber nicht nieder (fühlt sich nicht richtig an) und nehme nicht am liturgischen Geschehen (Wandlung, Kommunion etc.) teil, das wäre meiner Überzeugung nach unethisch.
Am Dienstag wird meine Oma bestattet. Es wird einen Gottesdienst geben, den ich musikalisch mitgestalten werde. Das Verlesen der Schriften etc. überlasse ich meinen Verwandten.

Wie macht Ihr das?

Grüße,

Andrea
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Re: Verhalten in Kirchen/Gottesdiensten

Beitrag von [+] »

Mondschatten hat geschrieben: 08.11.2022, 12:00 Wie verhaltet ihr euch, wenn ihr z.B. zu Trauungen oder Beerdigungen zu Gottesdiensten eingeladen werdet oder im Rahmen des Ehrenamtes Kirchgänge anstehen. Geht ihr nicht hin?

Ich gehe nicht hin, weder privat noch ehrenamtlich. Da nehme ich auch Beerdigungen nicht aus. (Ich brauche keinen christlichen Beistand, um meine verstorbenen Ahnen zu ehren - eine katholische Beerdigung im Familienkreis und der Zynismus hinter den dort gesungenen Liedern war tatsächlich mein Anlass für den Kirchenaustritt.)

Wenn ich gefragt werde, warum nicht (allerdings fragt mich da allgemein selten wer), habe ich eine ganz einfache Begründung: es würde dem Anlass und dem Gebäude/Gelände ebenso wie den sonstigen Anwesenden keinen Ehrendienst erweisen, wenn jemand, der von ihrem Gott gar nichts und von dessen Einfluss auf die Gesellschaft gleich dreimal nichts hält, seine Aura mitbringt. Ich gehe ja auch nicht mit einem Bayernschal zum Dortmundspiel. (Ich nehme allgemein nicht an Fußballspielen teil, aber die Analogie verstehen die meisten.)
Nur ein Narr betet erst den Leichnam an.
Rudi
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Re: Verhalten in Kirchen/Gottesdiensten

Beitrag von Rudi »

Hallo Andrea,
als erstes habe ich da eine Frage: Zitat: ....den ich musikalisch mitgestalten werde. Zitat Ende
Wenn ich das lese denke ich automatisch an eine musikalische Darbietung die ich von der (Orgel-) Empore aus erbringe. Dann wäre mir persönlich alles andere
ziemlich wumpe. Ich würde mich dann sozusagen nicht zugehörig fühlen. Nur so als Reaktion auf das Geschriebene.
Ansonsten muß ich sagen daß ich es teilweise ähnlich wie [+] sehe. Allerdings mit etwas anderen Grundlagen: Ich gehöre zu den Gesichtsältesten im ER. Das
bringt mit sich daß wir viele unserer Bekannten überlebt haben und aus diesem Grund selten dem Zwang unterworfen sind an derartigen Veranstaltungen teilzunehmen. Ja, ich würde mir Mühe geben die Teilnahme an einer kirchlichen Veranstaltung zu vermeiden.
Andererseits bin ich Asatru. Das heißt, die Familie ist extrem wichtig! Und zur "Familie" gehören eben auch Asatru im direkten Umfeld. Zur Beerdigung von Krischan
waren einige vom Ruhrgebietsstammtisch / ER anwesend. Seine Familie ist christlich orientiert. Wir waren bei der Trauerfeier dabei, haben die Urne mit der Familie zum Grab begleitet und dann, nachdem die Familie sich zu Kaffe und Kuchen zurückgezogen hat, noch ein kurzes Ritual am Grab abgehalten.
Das was ich hier geschrieben habe deckt nur einen Bruchteil des Problems ab. Gaanz vieles ist Situationsabhängig. Und auch ich kann nur sagen, daß ich je nach den
individuellen Beziehungen zum Verstorbenen bzw. seinem Umfeld unterschiedlich reagieren würde.
Sö, nu habbich soo viel geschrieben und dir vllt garnicht weitergeholfen...
Aber das Thema ist extrem schwierig.
Alles Gute und eine für dich gute Entscheidung wünscht dir
Rudi
Freya und Sahsnot, helft uns den alten Glauben zu bewahren
Mondschatten
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Re: Verhalten in Kirchen/Gottesdiensten

Beitrag von Mondschatten »

Doch, tatsächlich hast du mir geholfen.
Für mich bedeutet die Teilnahme an einer Trauerfeier eine Ehrerbietung für den Verstorbenen. Und alle meine Verwandten sind praktizierende Christen, die so allmählich registrieren, dass ich ihre Weltvorstellung nicht mehr teile (und deren Verständnis dafür meist noch Luft nach oben lässt). Ich werde also während der Beerdigung auf der Empore sitzen und die Musikstücke spielen, die sich meine Oma und meine Angehörigen gewünscht haben. Alles andere werde ich denen überlassen, die damit mehr anfangen können. Meine eigene Abschiedszeremonie haben wir im Rahmen des Ahnenblots bei uns zu Hause gemacht. In meiner Vorstellung ist Oma mit meinem Opa und ihrem 18 Geschwistern an Hels Tafel und feiert das Wiedersehen mit ihren Ahnen. Und hält mir einen Platz frei, wenn meine Zeit gekommen ist (was hoffentlich noch 50 Jahre dauert). Oma war ein geselliger Mensch, dem Familie und Gemeinschaft über alles ging. Balder wird seine Freude an ihr haben.
Meine Oma hat übrigens bewußt auf kirchliche Sterbesakramente verzichtet. Sie wollte einfach nicht, sah da keinen Sinn drin. Ich habe ihr bewußt nichts von meinem Wandel zum Asatru erzählt, ich dachte, es macht ihr Sorgen. Tatsächlich tut es mir jetzt leid, dass ich das nicht getan habe. Ich glaube, sie hätte es verstanden.

Grüße,

Andrea
Marco
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Re: Verhalten in Kirchen/Gottesdiensten

Beitrag von Marco »

Hallo zusammen,
zu aller erst ist doch die Teilnahme an einer Beisetzung eine Respektsbekundung für den verstorbenen, unabhängig des Pantheons dem er huldigt.
Vor einiger Zeit wohnte ich als aufgewachsener Katholik der endlich seinen Weg zu unseren Göttern gefunden hat einer moslemischen Beisetzungszeremonie bei.
Ich finde darin keinen Widerspruch, den wer bin ich anderen Ihren Glauben vorzuschreiben ?
Schließlich steht in unserem Selbstverständnis das wir "andere religiöse Traditionen nicht geringer schätzen".

Gruß
Marco
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Re: Verhalten in Kirchen/Gottesdiensten

Beitrag von [+] »

Marco hat geschrieben: 14.11.2022, 21:27 Schließlich steht in unserem Selbstverständnis das wir "andere religiöse Traditionen nicht geringer schätzen".

Schon erstaunlich: Da freuen wir (Neu-)Heiden uns immer darüber, kein Buch zu haben, das uns irgendwelche Vorschriften macht, und dann nehmen wir eine x-beliebige Vereinssatzung als Ersatz ... das ist schon ziemlich deutsch. :)

Ernsthaft: Weil ich monotheistische Traditionen nicht geringer schätze, halte ich mich von ihren heiligen Riten fern. Das wäre, weil ich nicht mitfühlen würde, letztlich sonst auch nichts anderes als Tourismus und das würde der Sache Unrecht tun.
Nur ein Narr betet erst den Leichnam an.
Mustela
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Re: Verhalten in Kirchen/Gottesdiensten

Beitrag von Mustela »

[+] hat geschrieben: 14.11.2022, 23:36
Marco hat geschrieben: 14.11.2022, 21:27 Schließlich steht in unserem Selbstverständnis das wir "andere religiöse Traditionen nicht geringer schätzen".

Schon erstaunlich: Da freuen wir (Neu-)Heiden uns immer darüber, kein Buch zu haben, das uns irgendwelche Vorschriften macht, und dann nehmen wir eine x-beliebige Vereinssatzung als Ersatz ... das ist schon ziemlich deutsch. :)

Ernsthaft: Weil ich monotheistische Traditionen nicht geringer schätze, halte ich mich von ihren heiligen Riten fern. Das wäre, weil ich nicht mitfühlen würde, letztlich sonst auch nichts anderes als Tourismus und das würde der Sache Unrecht tun.
Für normale Gottesdienste finde ich das selbstverständlich und gut - warum sollte ich als jemand, der nicht an den christlichen Gott glaubt, in einen christlichen Gottesdienst gehen?
Für Feierlichkeiten, die man auch als Heide feiern würde, und die nur in diesem einen christlichen Gottesdienst gefeiert werden, sehe ich das anders.
Bei einer Beerdigung ehre ich den Verwandten, der zu Grabe getragen wird - völlig unabhängig vom Glauben. Bei einer Hochzeit ehre ich das Paar, das zusammengefunden hat und zusammenbleiben will. Ob diese Ehrung in einem christlichen Gotteshaus, auf dem freien Feld oder in einem heiligen Hain stattfindet, ist meiner Meinung nach sekundär.
Ich muss - bedingt durch meine politische Tätigkeit - hin und wieder an Veranstaltungen teilnehmen, die in einer Kirche stattfinden oder durch christliche Gebete begleitet werden. Niemand zwingt mich dazu, diese Gebete mitzusprechen, und niemand hält mich davon ab, währenddessen in Gedanken Gebete an die alten Götter zu sprechen. Der Anlass der Veranstaltung - wie z.B. letzten Sonntag der Volkstrauertag - steht im Mittelpunkt, und die Kriegsopfer sind es, denen ich dabei gedenke - völlig unabhängig davon, welchen Göttern ich dabei huldige.
Viele christliche Kirchen - insbesondere die alten - sind auf oder direkt neben Heiligtümern gebaut worden, die den alten Göttern gewidmet waren. Wenn ich diese Kirchen betrete, bin ich dann Christus nahe, oder den alten Göttern?
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Re: Verhalten in Kirchen/Gottesdiensten

Beitrag von [+] »

Mustela hat geschrieben: 15.11.2022, 08:21 Ich muss - bedingt durch meine politische Tätigkeit - hin und wieder an Veranstaltungen teilnehmen, die in einer Kirche stattfinden oder durch christliche Gebete begleitet werden.


Solche Einladungen erhalte ich auch, bei uns sind die aber freiwillig. Vielleicht habe ich deshalb leichter reden.
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Blumenfee
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Re: Verhalten in Kirchen/Gottesdiensten

Beitrag von Blumenfee »

Vielleicht sollte ich von der anderen Seite auch einmal etwas zu dieser Diskussion beisteuern. Als bekennende Christin hätte ich das Problem anders herum. Für mich habe ich folgende Verhaltensweisen entwickelt:
  • Als wir vor nunmehr 26 Jahren heirateten, hatten wir drei Zeremonien: Die staatliche vor dem Standesamt, die christliche in einer evangelischen Kirche und die heidnische an einem Kraftplatz im Wald. Letztere beiden waren an demselben Tag und es waren sowohl unsere heidnischen Freunde mit in der Kirche als auch die Christen einschließlich Pfarrerin mit im Wald. Nur ein paar religiös nicht gebundene Verwandte störten sich an der heidnischen Trauung als "Theater", aber das war für uns unerheblich.
  • Wenn uns befreundete Heiden zu einer religiösen Zeremonie z.B. Trauung einladen, gehe ich hin, imaginiere mich aber "eingewickelt" in einen Psalm. Das funktioniert problemlos. Möglicherweise gibt es auch für Heiden ein Matra, mit dem man das tun kann.
  • Auf Treffen, z.B. Ostara, gehe ich nicht zu den Ritualen und hüte stattdessen den Markt, worüber sich die Verkäufer/innen durchaus freuen.

Wenn man den Glauben des/der jeweils Anderen respektiert, finden sich auch vertretbare Umgangsformen.

Gruß
Blumenfee

P.S. Und ich bete keinen Leichnam an, mein Christus lebt.
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Markus Nicklas
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Re: Verhalten in Kirchen/Gottesdiensten

Beitrag von Markus Nicklas »

meine Großeltern waren Katholiken und Reformierte. Ich gehe auf Friedhöfe aller Konfessionen und Religionen. Ich bin in Kreuzberg auf der Straße zum Islam bekehrt worden und habe im Tal der Könige auf Bitten der Fremdenführer mehrmals Allahu akbar! auf dem Weg hinab in eine Grabkammer gerufen - phänomenale Akustik und haben die sich gefreut! Meine christliche Geschichte würde hier den Rahmen sprengen. Auf der "Ebene der Gottheiten" sehe ich kein Problem zwischen Poly und Mono. Nur Diskurs.
Es ist mir ein Vergnügen hier den urspünglichen Wesenheiten meiner Ahnen die Ehre geben zu dürfen. Nach wie vor gebührt dafür mein Dank und meine Hochachtung allen, die dies möglich machen - ausnahmslos allen - auch meinen Feinden.
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volker
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Re: Verhalten in Kirchen/Gottesdiensten

Beitrag von volker »

Nun, ich gehe doch nicht in eine Kirche um der Kirche willen, sondern eventuell auf Bitte und Einladung eines Verwandten oder lieben Freundes/lieber Freundin. Es ist ein Zeichen des Respekts gegenüber einem mir lieb gewonnenen Menschen und entsprechend verhalte ich mich dort dann auch. Dasselbe würde ich von jemanden erwarten den ich zu einem heidnischen Blot einlade, auch wenn dieser Jemand andere Glaubensvorstellungen hat. Gutes Benehmen, egal wo, ist an kein Glaubenssystem gebunden. Es ist ein Zeichen persönlicher Ehre.
bjoern
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Re: Verhalten in Kirchen/Gottesdiensten

Beitrag von bjoern »

Ich nehme Einladungen zum Kirchenbesuch bei Eheschließungen, Taufen, Beerdigungen etc. an, trage ein Symbol meines Glaubens (ein Thorshammer um den Hals oder einen Irminsul Pin am Revers) und stehe bei Zeremonien (Glaubensbekenntnis, Abendmahl etc.) durchaus auch Respekt auch auf, beteilige mich aber nicht daran.
Ich tue das nicht, um einen religiösen Kult auszuüben, der nicht meiner ist, sondern aus Respekt vor den Angehörigen und Freunden, denen wichtig ist, dass ich da bin.
Genauso wie ich mich über jeden christlichen Besucher unserer heidnischen Trauung gefreut habe. Muss man auch mal so rum sehen, finde ich.
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Heidan Frihals
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Re: Verhalten in Kirchen/Gottesdiensten

Beitrag von Heidan Frihals »

Ich sehe mich da bei Volker und Björn. Persönlich habe ich keinen Bezug zur Kirche und gehe auch nicht hin. Wenn ich aber eingeladen bin (Beerdigung, Konfirmation, etc.) gehe ich hin, eben weil ich eingeladen bin. Aus Respekt der Person gegenüber. Ich singe nicht mit, ich spreche kein Gebet mit, aber ich stehe z.B. auf, wenn alle es tun.
Naht in Ehrfurcht, naht in Andacht,
Und was unhold, bleibe ferne;
Unsre Zeugen sind die Götter,
Stummer Wald und stille Sterne.
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